Der Brautstrauß: Symbol der Liebe, Tradition und Persönlichkeit

Der Brautstrauß gehört zu den zentralen Symbolen jeder Hochzeit. Er ist weit mehr als ein hübsches Accessoire – er erzählt eine Geschichte. Von Liebe, alten Bräuchen und der Hoffnung auf ein gemeinsames Leben. In diesem Artikel werfen wir einen Blick auf die Bedeutung des Brautstraußes, seine kulturellen Wurzeln und die symbolkräftigen Pflanzen, die ihn seit Jahrhunderten begleiten.

Die Tradition des Brautstraußes

Nach altem Brauch ist es die Aufgabe des Bräutigams, den Brautstrauß zu besorgen – ein Symbol für seine Zuneigung und sein Wissen um die Wünsche seiner Partnerin. Damit der Strauß auch wirklich den Geschmack der Braut trifft, ist es hilfreich, wenn sie ihm vorher zumindest dezent Hinweise gibt: Welche Blumen mag sie? Welche Farben passen zum Kleid? Welche Form der Bindung wünscht sie sich?

Der Strauß wird der Braut vor der Trauung überreicht. Mit dem Brautstrauß in der Hand schreitet sie zur Zeremonie – ein Moment voller Bedeutung. Auch der Bräutigam trägt ein florales Detail: ein kleines Sträußchen am Revers, das optisch auf den Brautstrauß abgestimmt ist.

Ich werde nie den Moment in einer meiner freien Trauungen vergessen, als die Braut einmal ohne Brautstrauß herein kam. Vor lauter Aufregung hatte sie ihn irgendwo vergessen. Ich stehe ja immer vorne und kann den Einzug der Braut so sehen, und es sah irgendwie anders aus als sonst. Irgendwas Wichtiges hat gefehlt. Seitdem achte ich immer darauf, dass die Braut vor dem Einzug auch wirklich ihren Brautstrauß in der Hand hat.

Ein weiteres bekanntes Ritual folgt oft nach der Trauung: das Werfen des Brautstraußes. Traditionell fangen ihn die unverheirateten Frauen unter den Gästen – jene, die ihn fängt, soll der Legende nach als Nächste heiraten. Doch warum nicht auch die unverheirateten Männer einladen, ihr Glück zu versuchen? Vielleicht ist es Zeit, auch diesen Brauch zeitgemäß zu denken.

Die Sprache der Blumen im Brautstrauß

Ein gut gewählter Brautstrauß erzählt nicht nur von Ästhetik, sondern auch von Symbolik. Viele Blumen, die in Brautsträußen gebunden werden, tragen tief verwurzelte Bedeutungen. Einige von ihnen haben eine besonders lange Tradition in der Hochzeitskultur – und sind bis heute aktuell.

Myrte – die Pflanze der Liebe und des Neubeginns

Die Myrte ist ein immergrüner Strauch mit kleinen weißen Blüten – zart, aber kraftvoll. In der griechischen Mythologie galt sie als Pflanze der Aphrodite, der Göttin der Liebe. Auch in anderen Kulturen war sie fester Bestandteil von Hochzeitsritualen. In Palästina trugen bis ins erste Jahrhundert Braut und Bräutigam Kränze aus Myrte und Rosen.

In Deutschland fand die Myrte im 16. Jahrhundert ihren Weg in die Hochzeitsbräuche. Die Braut trug einen Kranz aus Myrte, der Bräutigam ein Sträußchen. Besonders schön: Nach der Hochzeit wurde aus einer Triebspitze des Myrtenkranzes eine neue Pflanze gezogen – ein symbolischer Neuanfang, ein lebendiges Zeichen für das gemeinsame Zuhause.

Auch darüber hinaus bleibt die Myrte mit dem Lebenszyklus verbunden: Bei der Geburt eines Kindes kann sie als Lebensbaum gepflanzt werden.

Rose – Königin der Hochzeitsblumen

Die Rose steht wie keine andere Blume für Liebe, Schönheit und Leidenschaft. Im antiken Griechenland wurde sie Aphrodite geweiht, bei den Ägyptern war sie ein Zeichen der Isis, und in der christlichen Tradition wurde sie zur Blume Marias. Daher kommen die vielen Bilder der Madonna im Rosenhaag.

Besonders die rote Rose symbolisiert die tiefe, erfüllte Liebe – ideal für einen Brautstrauß. Sie steht für Freude, Hingabe und den Mut, Gefühle offen zu zeigen. Kein Wunder also, dass sie bei Hochzeiten so häufig gewählt wird: Die Rose bringt die Essenz dessen zum Ausdruck, was eine gute Partnerschaft ausmacht.

Rosmarin – Schutz, Lebenskraft und Beständigkeit

Weniger bekannt, aber nicht weniger bedeutsam ist der Rosmarin. Auch er war Aphrodite geweiht und wurde früher bei Hochzeiten getragen – von Braut, Bräutigam und Trauzeugen. Oft in Form eines kleinen Sträußchens oder Kränzchens. Möglicherweise sollte die stark riechende Pflanze böse Geister vom Brautpaar fernhalten und das Paar schützen. Zudem steht Rosmarin – wie andere immergrüne Pflanzen – für Lebenskraft und Beständigkeit. In einer Ehe wünscht man sich genau das: eine Kraft, die auch schwierige Zeiten übersteht.

Alle Pflanzen, die der Aphrodite geweiht waren, wurden sowohl zur Hochzeit getragen als auch zu Begräbnisriten verwendet oder auf Gräber gepflanzt. Dies mag uns verwundern, doch es kommt wohl daher, dass Aphrodite ursprünglich, bevor sie zur Göttin der Liebe reduziert wurde, auch die Göttin der Unterwelt war.

Vom Mythos zur Moderne – Der Brautstrauß heute

Ob klassisch gebunden oder im wilden Wiesenstil, ob zarte Pastelltöne oder kräftige Farben – der Brautstrauß ist heute ein Spiegel der Persönlichkeit. Dabei können alte Symbole bewusst aufgegriffen werden: Ein Strauß mit Myrte, Rose und Rosmarin ist nicht nur schön, sondern erzählt auch eine Geschichte von Liebe, Schutz und Erneuerung.

Viele Paare gestalten ihren Brautstrauß mittlerweile gemeinsam – ein schönes Zeichen für gleichberechtigte Partnerschaft. Auch nachhaltige Aspekte spielen zunehmend eine Rolle: regionale Blumen, saisonale Sorten, ökologisch gebundene Sträuße. So wird der Brautstrauß nicht nur zum romantischen Symbol, sondern auch zum Ausdruck eines bewussten Lebensstils.

Ein Brautstrauß ist weit mehr als ein hübsches Bouquet. Er ist Symbolträger, Glücksbringer und Ausdruck von Persönlichkeit und Liebe. Wer ihn mit Bedacht auswählt, schafft nicht nur ein schönes Bild für den großen Tag – sondern nimmt ein Stück lebendiger Tradition mit auf den gemeinsamen Weg.

Wer schreibt hier?
Bettina Sorge, Ritualexpertin, Traufrau, Trauerrednerin
gebürtige Schwäbin, die der Liebe wegen ins Land der Franken gezogen ist
und sich hier sehr wohl fühlt

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